Der Berg
AMICAL
Ingenieurbüro Bogenschütz
DER CHO OYU EXPEDITIONSABLAUF
TAGEBUCH
1. Bericht vom 10. April 2009     6. Bericht vom 4. Mai 2009              
2. Bericht vom 16. April 2009 7. Bericht vom 8. Mai 2009    
3. Bericht vom 18. April 2009 8. Bericht vom 15. Mai 2009
4. Bericht vom 24. April 2009
5. Bericht vom 28. April 2009
 


Ende gut - alles (ging) gut!

Die Verarbeitung des Erlebnisses, auf dem höchsten Punkt unserer Erde gewesen zu sein und die Rückkehr in den Alltag auf nahezu wieder Meereshöhe verlangte eine 6-wöchige Wiedereingewöhnungsphase. Erst jetzt bin ich in der Lage, alles noch einmal Revue passieren zu lassen.

Nachdem der Innsbrucker Metereologe und Bergführer Charly Gabl für den 20. und 21. Mai eine günstige Wetterprognose für den Gipfel abgegeben hatte, startete ich mit Pasang am 17.05. um 5.00 Uhr morgens voller Erwartung und Zuversicht. Zum letzten Mal durchstiegen wir den kritischen und trotzdem faszinierenden Eisbruch.

 
Der Eisbruch ist geschafft

Trotz des 15-tägigen Wartens im Basislager erreichten wir nach 7 Std. zwar müde, aber voll motiviert unseren Koch- und Schlafplatz im Lager 2 auf 6.400 m. (Lager 1 diente nur noch als Reservedepot). Glücklicherweise war unser Zelt im Gegensatz zu manchen anderen durch die Stürme der vergangenen Tage nicht beschädigt worden. Die Zeit bis zum Abendessen verbrachten wir mit Kochen, d.h. Eis schmelzen, zubereiten des gefriergetrockneten Essens und vor allem viel, viel trinken. Tagsüber wird das Zelt durch die Sonne stark aufgeheizt, bei Sonnenuntergang um ca. 18.30 Uhr wird es jedoch eiskalt und man kriecht ganz schnell in den Schlafsack.

Aus Gründen der Gewichtsersparnis entschieden wir uns am nächsten Morgen (18.05.) trotz zu erwartender starker Son-neneinstrahlung in der Lhotse-Flanke hier schon unsere Daunen-Overalls anzuziehen. Nach Durchquerung des Western CWM (Tal des Schweigens) ging es mit schweren Rücksäcken über den Bergschrund die sehr steile Lhotse-Flanke hin-auf. Durch die vorhergegangenen Stürme war teilweise nur noch blankes Es vorhanden, so dass wir nur mühsam in Front-zacken-Technik vorankamen.

     
                Aufstieg im Blankeis      

Um ca. 13.00 Uhr erreichten wir unser auch hier unversehrtes Zelt. auf 7.300 m. Die Nacht-ruhe war nicht sehr ergiebig, da sich das Eis unter dem Zelt in den letzten 14 Tagen verscho-ben hatte und wir auf einer schiefen Ebene zu schlafen versuchten.

Der Start am nächsten Morgen (19.05.) war der Beginn der mir bisher nur in der Theorie bekan-nten Route zum Mount Everest (gelbes Band, Genfer Sporn, Südsattel, Lager 4) und der Ein-tritt in Höhen, in denen der Mensch sich nicht all-zu lange aufhalten kann ohne Schaden zu nehmen. Wie ich vorher beschlossen hatte, benutzte ich deshalb ab dem gelben Band zum 1. Mal Zusatz-Sauerstoff. Die Handhabung der Maske bereitete mir anfangs große Probleme, da ich das Gefühl hatte, überhaupt keine Luft zu bekommen. Der fast 10-stündige Aufstieg in dieser Höhe verlangte mir mehr ab als ich erwartet und bei anderen Expeditionen kennen-gelernt hatte: erst die steile Lhotse-Flanke, dann Überklettern des gelben Bandes (Fels), durch eine große Mulde hinauf über Fels und Eis zum Genfer Sporn und einer halbstündigen Querung zum Südsattel zu unserem Ziel in 7950m (Lager 4).

 
   
Steil geht es überm gelben Band weiter

Dieses Lager musste jetzt erst mit Hilfe des mühsam von uns hochgetragenen Materials errichtet werden und diente nicht als Lager für die Nacht, sondern nur noch zum Zubereiten der benötigten großen Flüssigkeitsmenge und zu einer Ruhepause von 19 - 21 Uhr. Unsere Mahl-zeit vor dem Gipfelgang bestand aus einer Tas-se in Wasser aufgelöster Cornflakes. Als "Vesper" für den Gipfelgang dienten 3 Power-Gels.

Um 22 Uhr (19.05) brachen wir bei guten Wet-terverhältnissen ("nur" 26° minus und schwa-chem Wind) auf, schon etwas ausgepowert, aber mit der Gewissheit, dass nicht der Gipfel das Allerwichtigste ist, sondern die gesunde Rückkehr.

Vom Südasttel ging es gleich steil und direkt hinauf zum sog. Balkon auf 8500 m. Die schwankenden Lichter der Stirnlampen der vor uns Gestarteten verschmolzen mit den Sternen und der Aufstieg schien kein Ende zu nehmen. Die Ersten drehten um, manche überholten wir und nach 6 Std. erreichten wir endlich den "Balkon". "Nur noch 350 Höhenmeter, was ist das schon in den Alpen", dachte ich mir und versuchte mich neu zu motivieren, in dem Wissen, dass dies hier nochmals 4 Std. bedeutet. Den Südgipfel (8750) erreichten wir über einen steilen Grat. Von dort sah ich den Hauptgipfel zum 1. Mal ganz nah vor mir, aber ich wusste, dass ich noch nach einem Abstieg in den Sattel die Schlüssel-stelle - den Hillary Step überwinden musste. Diese Stelle war schwier-iger als erwartet, da sie ohne Schnee im blan-ken Fels mit Steigseisen zu überklettern war.

Gipfelgrad mit der Hillary Step
   
Am 20.05. um 8.30 morgens standen Pasang und ich erleichtert und nach 10 Std. Aufstieg doch ziemlich müde auf dem Gipfel des Mt. Everest auf 8849 m.
   
Endlich... der Gipfel
   
Nach einer 3/4 Stunde Aufenthalt begannen wir mit dem Abstieg. Zuvor hatte ich mir nochmals eindringlich ins Bewusstsein gerufen, dass nun weiterhin höchste Konzentration nötig ist, um gesund ins Basislager zurückzukehren. Wir mussten unbedingt an diesem Tag noch Lager 3 erreichen, (1500 Höhenmeter Abstieg) da wir aus Gewichtsersparnis-Gründen für beide nur einen Schlafsack zum Zudecken mit ins Lager 4 genommen hatten. Gerade noch vor Sonnenuntergang erreichten wir total erschöpft das Lager 3 und waren froh, nach 36 Std. gleich im Zelt in den Schlafsack kriechen zu können. Mit noch mehr Gewicht bedurfte es am nächsten Morgen nochmals höchster Konzentration, denn ich musste mich die steile Lhotse-Flanke bis zum Bergschrund 500 Höhenmeter abseilen.
       
Glücklich zurück in Lager 4
Als die größte Anstrengung vorbei war, konnte ich zum 1. Mal so etwas wie Freude über das Gelingen meiner Expedition empinden. Zum allerletzten Mal stieg ich fast wehmütig durch den Eisbruch hinunter in das Basislager, wo Pasang und ich herzlich empfangen und gefeiert wurden, zusammen mit Ralf, Gerlinde, David und Hiro, die ihren Erfolg am Lhotse zu feiern hatten.
    Erleichterung! Es geht sanft hinab
     

Nun hatten alle nur noch das eine Ziel, so schnell wie möglich zurück in die Zivilisation zu kommen. So verließen wir schon am übernächsten Tag das Basislager und rannten in 3 Tagen hinunter nach Lukla, am letzten Tag 7 Std. in strömendem Regen.

Ich bedanke mich bei allen, die die Geduld hatten, diesen langen Schlussbericht zu Ende zu lesen und mich durch ihre Anteilnahme unterstützt haben.

Alois

Alois und Passang in Kathmandu
 
     

Wir gratulieren, sind sehr stolz über diese Leistung und uns fällt ein Felsbrocken vom Herzen.

Regine, Heike, Markus, Franz, Kilian und Michael